Nele Nieuwenhuis [00:00:01] Eine Kampagne, als es darum ging, diese SaferSexting Postings über Media zu targeten und unsere Ansprechpartnerin meinte:Ich hab da noch mal drüber nachgedacht, Minderjährige mit einem Thema zutargeten, auf dem Sexting oder vor allen Dingen Sex drauf steht. Ich glaube,das geht nicht. Und ich glaube, ihr steht dafür, dass das nicht geht. Da dachteich: Ja, das ist ein Argument.
Intro [00:00:25] Family Business. Der informative und kurzweiligePodcast zum Thema Kinder und Familien Marketing. In jeder Folge sprechen wirmit GeschäftsführerInnen und Marketing Verantwortlichen über ihre Erfolge,Misserfolge und ihren Ausblick auf die Zukunft. Außerdem fragen wir Sie nachIhren besten Ratschlägen rund um das Thema Marketing und Kommunikation imUmfeld von Kindern und Familien. Präsentiert von KB&B Family MarketingExperts, der führenden Spezialagentur für Kinder und Familien Marketing. EureHosts Rolf Kosakowski und Andre Schulz, Geschäftsführer von KB&B. FamilyBusiness, der informative und kurzweilige Talk mit interessanten Menschen undeinzigartigen Insights.
Rolf Kosakowski [00:01:12] Heute bei uns zu Gast ist Nele Nieuwenhuis. Sieist Pressesprecherin bei der Landesanstalt für Medien NRW. Wir haben Nele durchunsere gemeinsame Arbeit an den Themen Cybergrooming kennen und schätzengelernt. Andre, was erfahren wir denn heute noch Spannendes von Nele?
Andre Schulz [00:01:29] Wir sprechen mit Nele im weitesten Sinne über dieVermittlung von Medienkompetenz. Welche Rolle Landesmedienanstalten dabeiübernehmen und über ihre aktuellen Kampagnen zum Thema Cybergrooming undSexting. Darüber hinaus erfahren wir von Nele, wie die Landesanstalt für Mediendas Spannungsverhältnis zwischen Medienpädagogik einerseits und Marketingandererseits auflöst.
Rolf Kosakowski [00:02:00] Viel Spaß beim Reinhören. Hallo, Nele. Herzlichwillkommen.
Nele Nieuwenhuis [00:02:07] Hallo ihr beiden. Vielen Dank für Ihre Einladung.
Andre Schulz [00:02:09] Auch von mir. Herzlich willkommen, Nele.
Rolf Kosakowski [00:02:12] Schön, dass du da bist. Schön, dass du Zeit hast.
Nele Nieuwenhuis [00:02:14] Ich freue mich auch.
Rolf Kosakowski [00:02:15] Die nächsten Minuten und die nächste halbe Stundeversuchen wir über Medien und deren Kompetenz zu sprechen. Deswegen die ersteFrage an dich. In deiner Kindheit, was waren da die vorherrschenden Medien?
Nele Nieuwenhuis [00:02:27] In meiner Kindheit...natürlich der Fernseher.Streng reguliert.
Rolf Kosakowski [00:02:33] Das wäre meine zweite Frage gewesen.
Nele Nieuwenhuis [00:02:35] Natürlich mit klaren Fernsehzeiten. Ich glaube ichbin groß geworden, ganz klassisch mit 18:30 Uhr, irgendwas, was dann im Kikalief und Sandmann.
Rolf Kosakowski [00:02:48] Jetzt muss ich ein bisschen rechnen. Das iPhoneoder digitale Medien machen bei dir auf jeden Fall im Internet schon Sinn, abermit iPhone oder Telefon müsstest du die erste Generation gewesen sein.
Nele Nieuwenhuis [00:03:01] Genau, in meiner Jugend war ICQ ein Riesending.
Rolf Kosakowski [00:03:05] ICQ, Wahnsinn.
Nele Nieuwenhuis [00:03:06] Chatten und Knuddels, was es heute tatsächlichnoch gibt. ICQ gibt es gar nicht mehr. Knuddels war ein Ding. Und ICQ auch undHandys auch, aber vor allen Dingen entscheidend war die SMS Flat. WhatsApp odersowas gab es noch nicht. Das iPhone kam, als ich in der Oberstufe war, jagenau. In der Oberstufe kamen die ersten internetfähigen Handys auf den Marktund insofern ist es dann erst so mit dem Studium wirklich dazu gekommen.
Rolf Kosakowski [00:03:38] Aber dann bist du auch die erste Generation, diediese ganzen Mediensprüngen dann auch miterlebt hat. Vom Fernsehen 18:30 Uhrbis ICQ und immer weiter. Das ist schon auf jeden Fall der große Weg gewesen.Sehr spannend. Nele, Pressesprecherin der Landesanstalt für Medien NRW. Magstdu uns kurz erklären, was deine Aufgabe und vielleicht sogar die Aufgabe derMedienanstalt ist?
Nele Nieuwenhuis [00:04:04] Ja, vielleicht fange ich damit sogar an. DieLandesanstalt für Medien NRW ist 1 von 14 Medienanstalten in Deutschland. DieMedienanstalten sind föderal organisiert. Hamburg, Schleswig Holstein undBerlin Brandenburg. Wer mit gerechnet hat, da fehlten jetzt noch zwei. Das sindjeweils eine. Und wir sitzen in Nordrheinwestfalen. Wir sind eine relativ großeMedienanstalt mit über 100 Mitarbeitenden. Und wir haben drei zentraleAufgaben. Zum einen Recht zu sichern, also die Rechtsdurchsetzung in den Mediensowohl Rundfunk, Radio als auch im Internet zu sichern und Vielfalt zu fördern.Wir haben ganz viele Förderprogramme für JournalistInnen, für journalistischeStart ups und dergleichen. Und Medienkompetenz zu vermitteln, also Kinder undJugendliche und eigentlich alle Menschen zu befähigen, sich in Medienselbstbestimmt verhalten zu können.
Rolf Kosakowski [00:04:58] Was für eine große Aufgabe.
Nele Nieuwenhuis [00:04:59] Das stimmt.
Rolf Kosakowski [00:05:01] Bevor du einsteigst. Aber deine Aufgabe istnatürlich sehr entscheidend.
Nele Nieuwenhuis [00:05:06] Ich bin Teil der Kommunikation, Pressesprecherin.Meine Aufgabe ist, was zu vermitteln. Also immer dann, wenn es Ergebnisse gibt,wenn wir einen Erfolg hatten, entweder in der Rechtsdurchsetzung, also in derAufsicht oder natürlich ein neues Angebot im Bereich der Medienkompetenz haben,dann ist es meine sehr großartige Aufgabe, darüber zu sprechen und das bekanntzu machen.
Andre Schulz [00:05:29] Ein wirklich extrem breites Aufgabenfeld, ein sehrwichtiges Aufgabenfeld. Ich glaube Medien, Medienkompetenz ist eines derwichtigsten gesellschaftlichen Aufgabe überhaupt. Wo setzt ihr alsMedienanstalten NRW gegenwärtig euren finanziellen Schwerpunkt in der Arbeit?
Nele Nieuwenhuis [00:05:48] Mit Sicherheit liegt in derMedienkompetenzvermittlung ein großer Schwerpunkt. Wir haben relativ neueProjekte in NRW, die viel Aufmerksamkeit fordern und die, wie ich finde, sehr,sehr gut angenommen werden. Das ist unter anderem fragzebra.de. Das ist einziemlich neuwertiger Ansatz, würde ich behaupten für eine Medienanstalt, weilman nämlich gar nicht eine Antwort für alle gibt, sondern sich darum bemüht,individuelle Medienfragen auch individuell zu beantworten. Und da sitzt einTeam in Düsseldorf, die, wenn man da eine Frage stellt, sich darum bemühz, inkürzester Zeit eine Antwort zu liefern. Das ist so ein großes Projekt und dakommt dann an, was auch immer gerade die Leute bewegt. Da gibt es gar keinenthematischen Schwerpunkt. Wenn du eine Frage zu deinen Medien im Alltag hast,dann kannst du sie da gerne stellen. Und ansonsten haben wir zuletzt eineKampagne gehabt zum Thema Safer Sexting, den möglichen Rechtsfolgen, dieSexting haben kann, wenn es nicht rechtskonform stattfindet.
Andre Schulz [00:06:51] Und dazu bedient ihr euch auch der Mittel desMarketing und der Kommunikationspolitik. Magst du das vielleicht am Beispielvon Safer Sexting einmal ein bisschen ausführen?
Nele Nieuwenhuis [00:07:03] Ja, das mache ich sehr gerne. Safer Sexting habenwir aufgesetzt als Aufmerksamkeits-Kampagne und die lief jetzt von MitteOktober bis Mitte November. Das Herzstück ist eine Website, die ganz vielerklärt dazu, was man eigentlich beachten muss, wenn man sextet, also sicherotische Textnachrichten oder auch Fotos zuschickt, insbesondere alsminderjährige Person. Denn das ist gar nicht so trivial. Und neben dieserWebsite, die das alles erklärt, haben wir wirklich Out of Home Maßnahmengehabt. Über 3500 Plakatflächen haben wir in NRW bespielt. Wir habenPostersätze an Jugendzentren geschickt, allen Schulen in Nordrheinwestfalen dasAngebot gemacht, die Poster zu bestellen. Wir hatten ein kleines Etat auch fürSocial Media Marketing. Und dieser ganze Mix, das klingt wahrscheinlich jetztfür Marketingexperten gar nicht so spektakulär, aber war für eine Medienanstaltziemlich ungewöhnlich. Wir sind da sehr stolz darauf, dass wir das auf dieBeine stellen konnten und dass das auch genauso gut angekommen ist, wie wir unsdas gewünscht haben.
Andre Schulz [00:08:12] Nun hast du schon angedeutet, gerade bei dieserKampagne, es ist ein ein Spagat, den ihr da regelmäßig tut, nämlich zwischendem Ausprobieren wollen, zwischen der Neugierde der Kinder und Jugendlichen aufder einen Seite, aber auch einen medienpädagogische Impetus, den ihr habt, aufder anderen Seite. Wie könnt ihr diesen Spagat auflösen, wenn es nicht darumgeht, zu sagen, wir lösen ihn dadurch auf, dass wir mit einemmedienpädagogische Zeigefinger an die Zielgruppe herantreten? Und das ist genaudas, was ihr nicht tut.
Nele Nieuwenhuis [00:08:45] Das stimmt. Das ist bei der Kampagne mitSicherheit intern der größte, Knackpunkt klingt negativ, Diskussionspunktgewesen. Was ist die richtige Ansprache für dieses Thema? Vielleicht muss ichnoch mal kurz zwei, drei Sätze dazu sagen, was die Kampagne eigentlich erzählt.Das sind sehr große Plakate mit sehr groß angeschnittenen Frucht Emojis. Wirmussten auch durchaus noch die ein oder andere Kollegin und Kollegen darüberaufklären, dass das nicht nur Obstsalat ist. Und diese Frucht Emojis stehenstellvertretend für Sexting. Und wir gehen jetzt mal mit dieser Kampagne davonaus, dass das erst mal ganz okay ist und dass das zu einer normalenJugendsexualität und zur Pubertät, dazugehört, sich auszuprobieren. Und dassman das ruhig mal machen soll, solange man weiß, was man beachten muss. Und dasist jetzt nicht immer die Haltung gegenüber diesem Thema Sexting gewesen. Ganzviele, auch tolle Medienpädagoginnen und -pädagogen, mit denen wir im VorfeldKontakt hatten, hätten es lieber gesehen, dass wir davon per se abraten. Undwir haben uns dagegen entschieden und lieber gesagt: Wir wollen Jugendlicheernst nehmen, wir wollen ihnen auf Augenhöhe begegnen. Wir wollen auch nichtlebensfern sein und erklären lieber, was alles dazugehört. In der Hoffnung,dass sich jemand die Mühe macht, sich das durchzulesen, natürlich. Aber erstmal in der Annahme, dass natürlich auch junge Menschen das auseinanderhaltenkönnen.
Rolf Kosakowski [00:10:21] Medienkompetenz ist so ein riesen Wort. Und selbstwir in unserer Arbeit, wir machen Marketing für junge Menschen, wissen auchnicht immer genau, wie wir das erklären sollen oder was immer kommt, weil eseben auch ein unwahrscheinlich schneller und großer Wandel ist. Und wir habeneben bei dir kurz in die Kindheit reingeschaut, aber das können wir quasi inFünf-Jahressprüngen sehen, neue Tools, neue Inhalte und sogar neueDechiffrierung. Du hast es mit den Früchte Emojis erzählt, die wir vielleichtauch gar nicht mehr verstehen.
Nele Nieuwenhuis [00:10:51] Ja.
Rolf Kosakowski [00:10:52] Wie kann sich eine Medienanstalt daraufeinstellen, quasi Medienkompetenz immer zeitgemäß oder immer so nah wie möglichan den Rezipienten auch anzubieten oder zugänglich zu machen?
Nele Nieuwenhuis [00:11:11] Indem sie wahrscheinlich Sachen ausprobiert. Ichwürde sagen, diese Kampagne war jetzt mal so ein neues Gebiet für uns. Ich habeKolleginnen und Kollegen, die schon sehr lange bei der Medienanstalt arbeiten,die sind vorher noch nie an einem Plakat von uns vorbeigefahren. Das war auch inder internen Kommunikation eine spannende Erfahrung. Frag Zebra ist eine guteAntenne, muss man ganz klar sagen. Die Fragen, die da einlaufen sind natürlichfür uns auch ein guter Kompass. Was bewegt die Menschen in Medienfragen?Ansonsten ist es natürlich ein bisschen eine Frage der Zielgruppe. Mit wemspricht man eigentlich? Wir haben jetzt bei dieser Kampagne versucht, uns ganzdirekt an Jugendliche zu wenden, nicht an Lehrkräften vorbei, aber jedenfallsin der Ansprache nicht über die Lehrkraft vermittelt. Wir haben auch nicht dieEltern jetzt in den Fokus genommen. Die Plakate hingen in Nordrheinwestfalen,da sind auch Lehrkräfte und Eltern dran vorbeigefahren. Hoffentlich hat das zuHause für ein bisschen Gesprächsstoff gesorgt. Aber ich glaube, man mussirgendwie versuchen, auch diese drei Zielgruppen, die jetzt vielleicht bei derMedienkompetenzvermittlung an Jugendliche und Kinder ganz entscheidend sind,auch separat zu adressieren. Und da sind wir natürlich total gefordert. Füreine Lehrkraft, wir haben übrigens Unterrichtsmaterial zu der Kampagne unteranderem entwickelt. Die braucht dann vielleicht eher auch einen Leitfaden andie Hand, wie sie es vermitteln kann. Einen Jugendlichen muss ich damit jetztnicht mit irgendwelchen langen pädagogischen Texten behelligen, der will liebereine klare Ansage haben. Die Hoffnung ist natürlich, dass uns zugehört wird.Aber wir arbeiten total daran um das dann zielgruppengerecht herauszuarbeiten.
Andre Schulz [00:12:56] Habt ihr als Medienanstalt eine klare medienpädagogischeGrundposition oder ist es genauso wie in der Gesellschaft auch, wieMedienpädagogik diskutiert wird, ein sehr offenes Diskussionsfeld?
Nele Nieuwenhuis [00:13:12] Wir sind glaube ich vor allen Dingen bemüht zuvermitteln, Hilfe anzubieten, nicht so sehr Angebote zu bewerten. Wenn du miteinem Leitfaden meinst, ob wir grundsätzlich eher zu Vorsicht raten oder alleswahnsinnig begrüßen, dann ist das wahrscheinlich für mich nicht so einfachpauschal zu beantworten. Unsere Juristen würden sagen: Das kommt darauf an undwahrscheinlich macht es die Medienpädagogik ganz ähnlich. Ich würde sagen, eshilft jetzt nichts zu sagen: TikTok ist schlecht, lass das mal sein. Es hilftwahrscheinlich eher, sich anzugucken, was hat TikTok alles zu bieten? Insbesondereauch Eltern und Lehrkräfte zu ermutigen, das sich mal anzugucken, alsoaufgeschlossen dafür zu sein, interessiert zu bleiben und dann dort zu helfen,wo Dinge eben schief laufen. Aber eher eben helfend als bewertend.
Andre Schulz [00:14:10] Du hast eben gesagt, Frag Zebra ist so einePlattform, so würde ich das jetzt mal übersetzen, wo Fragen auflaufen,Hilfsangebote abgefordert werden oder erbeten werden, der für euch ein Kompass,eine Orientierungsmöglichkeit gibt, wohin die Reise geht. Wohin geht denn dieReise bei Kindern und Jugendlichen? Was sind so die Schwerpunkte der Fragen,die euch erreichen?
Nele Nieuwenhuis [00:14:36] Wir haben natürlich zuletzt ganz viel mit TikTokChallenges zu tun gehabt und das ist wahnsinnig schnelllebig, muss man sagen.Es kommt, würde ich sagen, alle 6 bis 8 Wochen ein neues Phänomen um die Ecke.All diese Trends, die sich in Social Media ergeben und die super schwer zubewerten sind auf den ersten Blick und wo man auch als Medienanstalt, aberbestimmt auch als Elternteil echt eine harte Zeit hat zu verstehen: Was machtdas jetzt mit meinem Kind? Was macht das mit meiner Schulklasse? Da aufmerksamzu sein, zu vermitteln, das ist total entscheidend. Und wenn ich ein zweitesAngebot erwähnt habe, ohne dass ich jetzt groß Werbung machen möchte. Wir habenneben Frag Zebra auch die Medien Scouts und die sitzen tatsächlich quasi mitihren Klientinnen und Klienten in der Schulbank. Das sind Schülergruppen, dieausgebildet werden, sensibel für Medienthemen zu sein, die zusammen mit einerLehrkraft Themen besprechen, die in den Schulklassen aufkommen und wo in soeinem peer-to-peer Ansatz Schüler Schülerinnen helfen. Und die sindwahrscheinlich einfach auch noch mal ein sehr guter Draht für uns, up to datezu sein.
Rolf Kosakowski [00:15:55] Genau, das wäre meine Frage gewesen. Wie vieleLeute sitzen da bei euch in der Medienanstalt und haben einen TikTok Accountmit sehr viel User und Instagram, eigene Website? Vielleicht spielen sie auchnoch Spiele. Was sind eure Spiegel oder eure Informanten? Nur die Medien Scoutskönnen das nicht sein. Oder sondern so eine Frag Zebra Plattform. Wie stelleich mir da euren eigenen Medien Alltag und das überhaupt wahrzunehmen?
Nele Nieuwenhuis [00:16:20] Ja, ich würde sagen, insbesondere das Zebra Team.Die sind da sehr gut aufgestellt. Die sind sehr aufgeschlossen. Ich kann daimmer noch viel lernen, wenn ich mit ihnen in die Mittagspause gehe.
Rolf Kosakowski [00:16:33] Was ist der Trend? Wo muss ich mitmachen?
Nele Nieuwenhuis [00:16:36] Wo muss ich eigentlich mitmachen? Wie steht's umdein TikTok?
Rolf Kosakowski [00:16:39] Hast du ein TikTok Account?
Nele Nieuwenhuis [00:16:39] Ich habe keinen TikTok Account. Das warwahrscheinlich die falsche Antwort.
Rolf Kosakowski [00:16:49] Nein, nicht die falsche. Aber auf jeden Fall istes glaube ich sinnvoller, sich die Information von vielen zu holen, als eineeigene Referenz zu nehmen, muss ich ganz klar sagen. Deswegen glaube ich, bistdu besser aufgestellt, nicht deine Erfahrung aus deinem eigenen TikTok zureferieren, sondern zu hören, was da aufläuft. Das ist die Frage auch. Ichstell mir das so wahnsinnig komplex vor, die Themen alle da zu erfassen, dieauf einen zukommen in der heutigen Medienkultur.
Nele Nieuwenhuis [00:17:13] Sind sie auch. Ich finde, wir sind absolut bemühtund machen einen guten Job. Aber natürlich geht uns wahnsinnig viel durch unddas wäre auch vermessen irgendwas anderes zu behaupten. Wir gucken uns dieTikTok Challenges an, die Kollegen insbesondere in den Zebra Team, die kennenauch die Spiele, die kennen sich schon aus, die sind da, wie ich finde, imbesten Sinne aufgeschlossen. Aber wir sind jetzt keine Trends Scouts für SocialMedia Phänomene.
Rolf Kosakowski [00:17:45] Das wäre eine Möglichkeit.
Nele Nieuwenhuis [00:17:50] Aber vielleicht ist das auch nicht unsere Aufgabe.Ich glaube, wir sind eigentlich eher bemüht, ansprechbar zu sein, für was auchimmer sich ergibt und uns das dann ganz schnell drauf zu schaffen. Ich meine,das ist jetzt auch nicht nur eine Haltung in der Medienkompetenzvermittlung,das gilt auch für unsere Aufsicht. Wir kriegen natürlich nicht jedenRechtsverstoß mit, aber jeder, der uns begegnet, dem wird nachgegangen. Und soähnlich würde ich sagen ist es auch in der Medienkompetenz. Um das Thema TikTokChallenges noch mal aufzugreifen, wenn das bei uns anlandet, dann beschäftigenwir uns damit und dann geht die Kommunikation auch noch rein über dieindividuelle Antwort an eine Fragestellerin und einen Fragesteller hinaus. Wirschreiben durchaus auch Pressemitteilungen, geben Tipps, verweisen auf unsereAngebote, um dann zu sagen: Übrigens, Hallo Welt. Hallo liebe Empfängerinnenunserer Pressemitteilung. Das bewegt offensichtlich gerade junge Menschen. Wolltihr euch nicht da mal darum kümmern? Interessanterweise haben wir natürlichauch oft den Fall, dass über die Pressestelle Sachen ankommen. Dann ruft Mediuman und sagt: Was haltet ihr davon? Habt ihr den und den Fall mitbekommen? Habtihr eine Haltung dazu? Und ich glaube, wir haben dann immer sehr schnell eine,weil die im Prinzip immer sehr ähnlich ist. Wir wollen helfen, wir wollen dasverstehen, wir wollen vermitteln. Aber aus diesen ganzen vielen Quellen, würdeich sagen, speist sich unsere Information.
Rolf Kosakowski [00:19:17] Das glaube ich auch. Auch wenn wir jetzt überTikTok reden. Die Mechaniken, die fallen, die Symptome kannst du auch aufInstagram, davor auf Facebook oder bis früher Knuddels wieder zurückführen oderwie auch immer. Ich glaube, es ist tatsächlich nur die Geschwindigkeit und dieArt, die das dann wieder neu ein bisschen interpretiert. Aber im besten Fallhabt ihr zu allem eine Meinung, die tatsächlich dann auch hilfreich ist. Unddeswegen noch mal ein bisschen auf die Idee. Was ist denn euer praktischer Ansatz?Jetzt hast du Lehrerschaft genannt, Eltern, Kinder. Habt ihr da einekommunikative Tür, wo man reingehen kann und sagen: Mensch, irgendwas läufthier gerade bei mir schief bei meinem Kind oder bei meiner Schülerschaft. Könntihr mir helfen? Ist da so ein Austausch? Oder seid ihr mehr die, die die Sachensehen und dann sagt: So würden wir darauf reagieren. Oder ist da auch einaktiver Austausch?
Nele Nieuwenhuis [00:20:12] Wahrscheinlich sowohl als auch. Ich glaube, wennwir noch mehr Ressourcen hätten, würden wir auch noch mehr aktiven Austauschsuchen. Jetzt muss man sagen, wir sind auch wieder nur 30 Leute in derMedienkompetenzvermittlung. Dazu zählen auch noch andere Angebote, die jetzteher Mediennutzung befähigen oder Elternabende anbieten. Es ist schon einrelativ breites Angebot, was wir haben. Diese ganzen Kanäle für sich sammelnaber natürlich auch Feedback ein. Ich nehme mal ein anderes Beispiel: Elternund Medien, das ist eine Elternabend Reihe und natürlich findet da andauerndAustausch statt. Was muss das Thema des nächsten Elternabends sein? Und dannsind das meinetwegen wieder die TikTok Challenges oder das Thema Safer Sexting.Oder wir haben uns letztes Jahr ganz intensiv mit dem Thema Cybermobbingbefasst. Es gibt zahlreiche Einfallstore für Informationen an der Stelle. BeimThema Cybergrooming ehrlicherweise war es das LKA, das uns darauf aufmerksamgemacht hat. Und beim Sexting eben auch. Wenn natürlich vermehrt in derKriminalstatistik Minderjährige auftauchen, meldet sich das LKA irgendwie schonzwischendurch und sagt: Könnt ihr nicht was tun? Das kann doch nicht sein. Dascheint es ein Informationsdefizit zu geben. Und insofern sind wir sehr offenfür Austausch. So richtig institutionalisiert ist der wahrscheinlich nicht,sondern funktioniert über die Elternabende, funktioniert über die MedienScouts, funktioniert über Frag Zebra.
Andre Schulz [00:21:42] Habt ihr Kooperationspartner, mit denen ihrregelmäßig zusammenarbeitet? Das LKA hast du genannt.
Nele Nieuwenhuis [00:21:47] Ja, da kommen wir noch mal zurück aufCybergrooming. Wir haben da zum Beispiel eine Zusammenarbeit derStaatsanwaltschaft, die ist schon im Vorfeld etabliert gewesen, insbesonderewenn es um die strafrechtliche Verfolgung von Hasskommentaren geht. In Köln sitztdie Zack und die ist die zentrale Ansprechstelle für Cybercrime. Das sind diestrafrechtlichen Experten und die sind da zum Glück mit unserer Aufsicht ineinem sehr guten und engen Austausch. Und da gibt es eben festeKooperationsvereinbarungen. Wir können also beispielsweise Cybergrooming Fälle,die bei uns geprüft werden und die bei uns über Frag Zebra gemeldet werden,direkt an die Staatsanwaltschaft weitergeben. Und das ist natürlich ein tollerService, denn gerade im Bereich Cybercrime kann es eine sehr schlechteErfahrung sein, damit zur Polizei zu gehen. Das sollte natürlich nicht so seinund ich glaube, das wird auch immer besser. Aber das muss man eben nicht, wennman sich an die Medienanstalt wendet.
Andre Schulz [00:22:44] Den Begriff Cybergrooming müssen wir noch mal kurzerläutern.
Nele Nieuwenhuis [00:22:47] Gerne, ja. Cybergrooming beschreibt das Phänomen,dass sich eine vermeintlich erwachsene Person an eine minderjährige Person imInternet ranmacht, mit sexuellen Absichten Kontakt aufnimmt und gegebenenfallssogar es dadurch zu einem tatsächlichen sexuellen Übergriffen im privatenTreffen kommen kann. Und das ist ein extrem gruseliges Phänomen, von denenviele Kinder am Rande betroffen sind. Das zeigen jedenfalls Umfragen und beidenen die allermeisten Eltern wahrscheinlich keinen Schimmer hatten, was da soabgeht. Und da ist es eben super, super wichtig, dass erstens Kinder eineAnlaufstelle haben, dass Eltern sensibel sind, auch interessiert bleiben. Undda haben wir sehr viel Energie im letzten Jahr reingesteckt.
Andre Schulz [00:23:43] Das ist, wenn ich das richtig einschätzen kann,auch für Kinder und Jugendliche unverändert ein schambehaftetes Thema.
Nele Nieuwenhuis [00:23:49] Ja.
Andre Schulz [00:23:49] Das heißt also, das wäre ein sehr deutlichesArgument dafür, die Kommunikation, auch die Medienkompetenzvermittlungunmittelbar an Kindern und Jugendlichen wirksam werden zu lassen. Und dann sindwir natürlich auch unmittelbar bei der Frage der Kommunikation. Ihr richtet euchin eurer Kommunikation auch direkt an Kinder und Jugendliche, natürlich auchüber die Eltern und auch über die Lehrer als vermittelnde Institutionen, abernatürlich dann auch an die Kinder und an die Jugendlichen. Das stelle ich mirextrem schwierig vor, weil wir eine mittlerweile stark ausdifferenzierteMedienlandschaft haben.
Nele Nieuwenhuis [00:24:29] Ja.
Andre Schulz [00:24:30] Wie kriegt ihr diese Klammer irgendwieeinigermaßen geschlossen?
Nele Nieuwenhuis [00:24:38] Ich denke nach. Ich weiß nicht, ob wir siegeschlossen kriegen. Ich bin ganz ehrlich. Wenn uns das gelungen ist, dann sindwir fertig. Es ist super, super schwierig Kinder und Jugendliche direkt zuerreichen. Zumal wir uns natürlich die Frage stellen müssen: Wir sind eineöffentliche Einrichtungen, wir arbeiten mit öffentlichem Geld, wir können nichtohne Ende Geld in Marketing investieren. Das war mit der Kampagne jetzt einerster Versuch und der war erfolgreich. Und da hätte man mit noch mehr Geldauch noch mehr bewegen können. Aber Reichweite ist eben teuer. Und wir bemühenuns um Kooperationen, auch mit Influencern, mit den Social Media Firmen und Co.Aber das ist nicht so ganz trivial. Ich meine, Jugendliche mit Werbung zuerreichen, ihr werdet das wissen, ist sowieso nicht so unbedingt vorgesehen.Wir sind übrigens auch noch die Aufsicht. Das war ein ganz lustiger Moment. Dasmuss ich jetzt kurz erzählen. In der Kampagne, als es darum ging, diese SaferSexting Postings über Media zu targeten und unsere Ansprechpartnerin meinte:Ich hab da noch mal drüber nachgedacht. Minderjährige mit einem Thema zutargeten, auf dem Sexting oder vor allen Dingen erst mal Sex draufsteht. Ichglaube, das geht nicht. Und ich glaube ihr steht dafür, dass das nicht geht. Dadachte ich: Ja, ist ein Argument. Das finde ich auch in den meisten Fällen gut.Für unsere, wie ich finde, sehr gute Sache hätte ich es mir natürlich anders gewünscht.Das ist schwierig. Wir befinden uns da auf dem Weg, würde ich sagen. Dieklassischen Anzeigen in Jugendmagazinen.
Rolf Kosakowski [00:26:26] Das können wir nicht empfehlen.
Nele Nieuwenhuis [00:26:29] Oder Schulhefte Drucken oder so was. Das ist allesdas, was stirbt so ein bisschen aus. Und dann kommt es natürlich ein bisschenauf den Goodwill auch und das Engagement von der Lehrkraft an, wenn man überdie Schulen geht. Und da gibt es wahnsinnig Engagierte. Aber irgendwie will manauch nicht die Aufklärung von Kindern davon abhängig machen, dass die Lehrkraftengagiert ist. Und da muss man eben Umwege gehen. Und wir suchen die geradenoch ein bisschen. Insofern kann ich dir eine abschließende Antwort nichtgeben.
Rolf Kosakowski [00:26:57] Aber da hört man schon raus, Nele, und du bistschon ein paar Tage bei der Medienanstalt, dass da auch Veränderungstattfindet. Ihr macht euch auf den Weg, weil anders geht es nicht mehr.
Nele Nieuwenhuis [00:27:09] Absolut, absolut. Wir sind, wenn man auf unsererWebseite guckt. Wir haben einen ganzen Haufen Broschüren, die da zur Verfügungstehen. Die sind wahrscheinlich auch alle immer noch total großartig. Nur dieliegen da gut, wenn sie keiner liest. Wir probieren aus. Wir versuchen mit sehrcoolen Instagram Auftritt für fragzebra.de darauf aufmerksam zu machen, dass esda Hilfe gibt. Wir bemühen uns natürlich auch um Medienpartnerschaften, um dieAngebote bekannt zu machen. Ich mache sehr viel Pressearbeit. Und das immer mitdem Ziel, in den direkten Austausch zu kommen. Eben viel weniger eindimensionalrunter zu schreiben, was wir finden, wie jetzt die Sache zu bewerten seinsollte, sondern viel dialogischer zu sein.
Rolf Kosakowski [00:28:00] Cybergrooming, Sexting, wirklich alles böse Themenist nichts, wo man sich sofort drauf stürzt und sagt: Lass mal heute Abenddrüber sprechen. Und das ist auch genau das, was Andre schon beschrieben hat,dass es natürlich auch zwischen den einzelnen Parteien in der Lehrerschaft,Eltern oder Kinder natürlich super schwieriges Thema ist. Hast du den Eindruck,dass das mehr wird, dass es große Themen sind oder dass es eben Phänomene sind,die es immer schon gab? Oder wie wird es bei euch wahrgenommen? Wir kommen auchüber Fake News, Hate Speech. Heute kam gerade irgendeine Studie raus: 44% allerjungen Menschen sind Internet Trolle. Sie machen irgendwas straffälliges imInternet. Ich habe kurz reingelesen, davon gucken sich 40% pornografischeInhalte an, das ist im bestimmten Alter auch ein bisschen schwierig. Aber aberich gebe es zu. Manchmal wird es mir zu heiß diskutiert. Cybergrooming,Sexting, jeder einzelne Fall, den wir da auflösen. Und dafür lohnt sich dasGanze. Aber wie ist dein Bauchgefühl und wie ist dein professionelles Gefühl,wie wir uns da entwickeln? Mit diesen Fällen, mit der Bedrohung?
Nele Nieuwenhuis [00:29:14] Mein Bauchgefühl. Und zum Glück konnten sich demBauchgefühl dann auch einige anschließen. Insbesondere bei der Kampagne ist einbisschen Ruhe zu bewahren, ein bisschen Gelassenheit zu bewahren. Deswegen istes auch nicht so, dass wir sagen: Ich mache dieses klassische: Dein Handy isteine Waffe. Du bist übrigens Straftäter im Netz. So Narrative, die man auchtotal kennt, die uns auch häufig begegnen.
Rolf Kosakowski [00:29:44] Die so fürchterlich erwachsen sind.
Nele Nieuwenhuis [00:29:45] Ja, wie soll ich sagen, ich finde die relativdestruktiv. Was macht man denn als junge Person? Es ist keine Option, das Handyjetzt wegzuschmeißen, oder so. Insofern sind wir schon um einen konstruktivenUmgang bemüht. Und dann komme ich zurück auf was ich eben gesagt habe, ebennicht so sehr bewerten, sondern zu sagen: Das findet statt, das haben wir jetztwahrgenommen, da gibt es Probleme. Jetzt schauen wir mal, wie man die auflösenkann, ohne so wahnsinnig alarmiert zu sein, ohne gleich völlig hektisch zuwerden, ohne so extrem besorgt zu sein. Denn, das darf man nicht vergessen.Natürlich ist das schrecklich und jeder einzelne Fall ist extrembesorgniserregend und auch bedrückend. Das sind schlimme Geschichten, die dapassiert. Aber die allermeisten denken sich nichts dabei, finden das lustig,haben eine gute Zeit, verlieben sich, haben ihre erste Beziehung und die findetauch digital statt. Das kann nicht schlimm sein. Auch Cybergrooming ist abartig.Aber das ist nicht das Einzige, was im Netz passiert. Den Rest der Zeit chatteich mit meinen Freunden, verabrede ich mich zum Sport, zum Kino, folgeirgendwelchen Idolen, die es auch früher schon gab und und da finde ich, darfnicht alles so ein bitteres Gefühl kriegen. Das ist mein Bauchgefühl und istglaube ich auch immer mehr unsere professionelle Haltung dazu.
Rolf Kosakowski [00:31:12] Ja, ich verstehe auf jeden Fall, was du sagst,weil bei diesem Unaufgeregten sind wir sehr dafür. Tatsächlich, wenn Elternnatürlich hören, dass Kinder damit konfrontiert sind, gerade ihre, kann ich dieAufregung sehr gut verstehen. Aber genau, was du sagst. Vielleicht ist es dererste Reflex, das nicht eskalieren zu lassen, sondern erst mal wirklichsachlich drauf zu schauen und zu gucken: Was sind da für Möglichkeiten? Dennich glaube, eine Sache gibt es aktuell nicht so die ganz großeGebrauchsanweisung für das große Internet oder Social Media. Die hat nochkeiner geschrieben. Und sie wird jeden Tag neu geschrieben auf jeden Fall. Aberich finde, man muss es dann teilweise so sachlich wie eine Gebrauchsanweisungauch nehmen und sagen: Wenn das passiert ist, was können wir jetzt machen? Malgucken, ob die Batterie leer ist. Tatsächlich so ein bisschen auch in so eine Routinereinzukommen. Aber, das gelingt euch doch ganz gut, oder?
Nele Nieuwenhuis [00:31:58] Ja, ich glaube, mit Blick auf die Arbeit derMedienanstalt insgesamt hat sich vieles geändert. Vor 30 Jahren ging es darum,Werbezeiten zu regulieren und Lizenzen zu vergeben in einer Welt, in der esbegrenzte Frequenzen gab. Was für eine Steinzeit, muss man sagen. Und das istjetzt heute irgendwie immer noch Thema. Und Eltern fragen sich immer noch: Wieviel Fernsehen darf mein Kind denn gucken und wie viel Bildschirmzeit? So heißtes dann jetzt heute. Das ist okay. Die Fragen gehen nicht weg, aber die Haltunghat sich gar nicht so sehr verändert. Wenn ich jetzt früher gesagt hätte: Lassden Fernseher aus, das ist schlecht für dein Kind, würde ich wahrscheinlich heutesagen: Smartphone vor 17 1/2 kann ich das nicht empfehlen. Nee. Und so, wie manirgendwie konstruktiv hilft bei der Frage: Wie viel Fernsehen ist gut? So hilftman konstruktiv bei der Frage: WelcheApps und welche Jugendschutzeinrichtungenund welche Vorkehrungen kann ich treffen, damit mein Kind sich dort wohlfühlenkann? Und das geht eben in der Aufsicht wie in der Medienkompetenzgleichermaßen. Insofern, die Gebrauchsanweisung wird es nicht geben. Da sindMenschen unterwegs, die machen Fehler, das entwickelt sich weiter. Dann gibt esneue Angebote, die muss man erst kennenlernen. Die Haltung bleibtwahrscheinlich immer ein bisschen gleich.
Andre Schulz [00:33:25] Ich würde gerne noch mal einen anderen Aspekteurer Arbeit ansprechen. Medienvielfalt und Medienkompetenz bedeutet auchSicherung der Demokratie. Das ist im Grunde genommen eines der Rückgrateunserer demokratischen Grundordnung. Schafft ihr es auch, den Bogen zu spannenzwischen dem Verständnis Medienvielfalt und kompetenter Umgang mit Medien? Undin Medien bedeutet eben auch Sicherung einer demokratisch verfasstenGrundordnung. Oder ist das eher, was ich Jugendlichen überhaupt nicht verdenkenkann, überhaupt nicht. Ist das dann eher Ausdruck einer passiven Rezeption vonMedien?
Nele Nieuwenhuis [00:34:16] Gute Frage. Unsere Rolle für den Schutz derDemokratie sind wir uns als Anstalt sehr bewusst. Wir haben auch nur den ganzdezenten Claim der Meinungsfreiheit verpflichtet. Und ich habe eine Kollegin,die auf dem Weg zur Arbeit sagt: Kommt, heute retten wir die Demokratie,fröhlich pfeifend. Das hat direkt funktioniert. Uns ist das total bewusst. Inder Medienkompetenzvermittlung findet das statt. Allerdings natürlich viel eherim Bereich der Informationskompetenz. Die Frage: Wie rezipieren Nachrichten?Worauf muss ich achten? Muss ich Quellen prüfen? Und so weiter. Das machen wirbei Zebra, das thematisieren wir auf dem Instagram Account: Achte doch maldrauf und so ist Werbung gekennzeichnet. Hast du mal geschaut? Es gibt einImpressum und so weiter. Das ist natürlich auch Gegenstand für so einUnterrichtseinheitenformat oder so. Das findet statt. Das ist allerdingsoftmals natürlich viel weniger populär als die Fälle, in denen man beivermeintlicher Gefahr hilft. Insofern ist das ein Angebot, was existiert, beidem wir auch gerade zu Corona Zeiten extrem viel Energie reingesteckt haben.Wie erkenne ich Fake News? Bin ich da aufmerksam und lasse ich mich in die Irreführen? Und was reißerisch ist, ist vielleicht auch reißerisch. Aber das ist,jetzt würde ich sagen, aktuell wieder etwas weniger geworden, ohne dass esunwichtiger geworden wäre.
Andre Schulz [00:36:04] Die Medienanstalten hast du eingangs gesagt, sindföderal strukturiert. Es gibt 14 davon in Deutschland. Ich kann das verstehen,wenn es um die Frage der Medienaufsicht geht, aber bei den Themen, die wirjetzt gerade diskutiert haben Cybergrooming, Sexting, Fragt Zebra alsInstrument der Medien pädagogischen Vermittlung könnte ich mir auch Modellevorstellen, die nicht föderal strukturiert sind, sondern vielleicht auchzentral strukturiert sind.
Nele Nieuwenhuis [00:36:35] Ja, es ist tatsächlich so, dass nicht alleMedienanstalten den Auftrag zur Medienkompetenzvermittlung haben. Das muss manein bisschen einschränkend dazu sagen. Und ansonsten findet natürlich Austauschstatt. Es gibt mit Click Save oder Handysektor durchaus auch schon Angebote,die von mehreren Medienanstalten aus mehreren Bundesländern gemeinsam betriebenwerden und gerade Angebote wie Zebra sind durchaus prädestiniert, auchdeutschlandweit ausgerollt zu werden. Zumal man sagen muss, dass wir nichtkeine Antwort geben, wenn die Frage aus Baden Württemberg kommt. Das fragen wir nicht ab. Aber ich gebe dir Recht, ein gutes Angebot,warum sollte man das nicht in ganz Deutschland bekannt machen? Und das gleiche gilt für die Kampagne. Wir würdennatürlich liebend gerne sehen, dass die bundesweit hängt. Die Informationen,die wir zur Verfügung stellen, gelten genauso sehr wie ein Kind in RheinlandPfalz wie in Nordrhein Westfalen. Ja, guter Punkt. Da gäbe es sehr guteSynergieeffekte.
Rolf Kosakowski [00:37:41] Medien kennen da ganz wenig Grenzen.
Nele Nieuwenhuis [00:37:44] Allerdings wahr.
Rolf Kosakowski [00:37:47] Wir springen mal ganz kurz in unsere beliebteRubrik Kinder fragen Fragen. Du kennst sie. Wenn du mir eine Zahl zwischen einsund zwölf sagen magst, dann werde ich mal die Frage raussuchen.
Nele Nieuwenhuis [00:38:02] Ich sage, heute ist Nikolaus? Ich sage sechs.
Rolf Kosakowski [00:38:06] Oh, das passt vielleicht. Aus Kinderperspektivebeantwortet. Was nervt dich am meisten bei Erwachsenen? Das passt doch fast zumThema.
Nele Nieuwenhuis [00:38:21] Wahrscheinlich, dass sie glauben, alles besser zuwissen. Und das vielleicht nicht stimmt. Dass sie glauben, dass sie Recht habenund sich nicht die Zeit nehmen, so richtig gut zuzuhören in der Zwischenzeit.
Rolf Kosakowski [00:38:36] Ja, kann gut sein. Aber wenn wir weiter darübernachdenken, gerade mit den Medien und Medienkompetenz. Was nervt dich anErwachsenen? Ich glaube da ist das nicht Verstehen wirklich eins der Größten.
Nele Nieuwenhuis [00:38:48] Ja, und trotzdem eine Meinung haben. Das geht soein bisschen in die Richtung, was ich meine. Das ist auch eine krasseHerausforderung. In meinem Freundeskreis kriegen jetzt die ersten Kinder undich denke: Mein Gott, da muss man auch Medienkompetenz vermitteln. Aus derPerspektive einer Person, die fast tagtäglich damit zu tun hat, denke ich mir:Was für eine schwierige Aufgabe. Und hoffentlich bin ich nicht die Erwachsene,die es dann immer besser weiß. Sondern nehme mir die Zeit, das zu verstehen.
Andre Schulz [00:39:21] Wenn du jetzt in deine Kindheit zurückspringst,hat dich das da auch schon genervt bei den Erwachsenen, dass sie alles besserwussten. War das bei dir auch schon so?
Nele Nieuwenhuis [00:39:30] Ja, ich erinnere mich natürlich lebhaft an dieDiskussion mit meinem Vater, wie diese Matheaufgaben zu lösen ist. Und man hateinen konkreten Rechenweg von seiner Lehrerin beigebracht bekommen. Und erhatte einen anderen Weg, der falsch war. Um ein sehr beliebtes Beispiel zu nennen, was Medien angeht: Ah, weißich. Ja, jein. Ich glaube, meine Eltern hatten nicht so wahnsinnig viel Ahnungvon ICQ oder von diesen ganzen Chatprogrammen, aber das war natürlich auchgleichzeitig extrem viel weniger geheim. Ich habe es nicht versucht, geheim zuhalten, dafür gab es auch keinen Grund. Die waren da ganz gelassen. Aber derComputer in meinem Kinderzimmer hat andauernd (Ton) gemacht und es kam eineNachricht. Es erschloss sich relativ schnell um was es da geht. Sound meinerJugend. Das haben sie glaube ich beobachtet, die haben das am Endewahrscheinlich nicht so richtig extrem engmaschig verfolgt oder so. Ich mussteda nicht so wahnsinnig viel vermitteln. Das fand ich jetzt noch einfach. Aberwenn ich andere Kolleginnen und Kollegen sehe, deren Kinder dann den ganzen TagFortnite zocken oder so was. Puh. Ich kenne mich nicht, ich muss gestehen, ichkenn mich nicht so gut aus mit Fortnite und ich müsste mich sehr bemühen, hätteich ein Teenie Kind zu Hause, da mal durchzusteigen. Und hoffentlich hätte ichdann die Muße mir das erklären zu lassen.
Rolf Kosakowski [00:41:02] Das ist ein ganz wichtiger Punkt. Da würde ichgerne mit dir jetzt auch noch mal, bevor wir dann auch irgendwann wieder zumEnde kommen müssen, noch mal kurz reinschauen. Komischerweise fragen mich vielemeiner Freunde und Eltern: Was soll ich mit meinem Kind machen?Medienkompetenz, weil sie meinen Job kennen oder wie auch immer. Da habe ichimmer eine Sache parat und da sage ich immer: Genau das ist das, was du geradegesagt hast: Interessiere dich dafür. Das ist der erste Punkt, weil sonstentsteht dieser Graben alleine schon von Missverständnissen und warum esvielleicht faszinierend ist, das zu spielen. Aber auch da wieder die Frage anNele als Person, aber eben auch als Pressesprecherin der Medienanstalt. Wasglaubst du, was ist der wichtigste Ansprechpartner in Medienkompetenz?Lehrerschaft, Eltern, Kinder direkt? Wo ist das größte Momentum drin, umwirklich Medienkompetenz herzustellen?
Nele Nieuwenhuis [00:41:55] Ich glaube nicht, dass es da nur eine Antwortdarauf gibt. Ich glaube nicht, dass ich jetzt sagen könnte: Das sind ganz klardie Eltern und dann ist eigentlich alles tutti. Ich glaube, wichtig ist, dasswir uns als Gesellschaft nicht darauf verlassen, dass es eine Person übernimmt,sondern dass es viele Stellen gibt, an denen man Hilfe bekommt. Und das istauch wahnsinnig individuell. Nicht jedes Kind wendet sich gerne an seine Elternund nicht jedes Kind hat einen guten Draht zu seiner Lehrkraft. Und andere ebenschon. Hauptsache jemand von denen weiß Bescheid. Das macht sie jetzt nichteinfacher. Aber im Grunde würde ich sagen: Alle müssen sich ein bisschen besserauskennen.
Rolf Kosakowski [00:42:37] Und alle brauchen individuelle Antworten oderHilfestellung.
Nele Nieuwenhuis [00:42:41] Absolut.
Rolf Kosakowski [00:42:41] Und ich glaube, das größte Momentum liegteigentlich sogar in Kindern zu Kindern und Jugendlichen zu Jugendlichen. Genau,was in die Medien Scouts macht oder wie auch immer in der Sprache, in der Welteben das auch zu vermitteln. Ich glaube, die sagen: Ey, Dicker, das istscheiße, was du da machst. Das kommt mehr an als: Lass uns mal hinsetzen zumAbendbrot und darüber reden. Da gibt es eben unterschiedliche Momente, glaubeich.
Nele Nieuwenhuis [00:43:03] Ja, würde ich genauso sehen.
Andre Schulz [00:43:04] Ja. Was sind denn nach deiner Erfahrung diewesentlichen Do's und Don'ts in der Ansprache von Kindern und Jugendlichen?
Nele Nieuwenhuis [00:43:18] Wir haben im Vorfeld natürlich über diese Kampagnesuper viel diskutiert. Mit den Emojis. Das ist für uns ungewöhnlich buntgewesen. Und wir wollten aber auch nicht so peinlich cool sein. Das ist soglaube ich die große Herausforderung. Ein Do ist mit Sicherheit: Ernst nehmen,sich interessieren für die Sprache und für die Bilder, die Jugendliche annehmenwollen, ohne es zu künstlich und zu gewollt zu imitieren. Einfach da einen Maßzu finden. Wir sind keine hippen TikTok Influencer, Creatorinnen, sondern wirsind immer noch eine Medienanstalt. Das darf sachlich bleiben, aber das musstrotzdem ernst nehmen und das muss deswegen auch nicht bieder sein. Das ist soein bisschen der Weg, den wir für uns gewählt haben. Und wenn ich jetzt auchmal in Do's und Don'ts übersetzen soll, dann würde ich sagen: Ernst nehmen undsich darum bemühen, Augenhöhe herzustellen. Aber auf gar keinen Fallunauthentisch werden. Oder über die Absenderin, Lügen ist ein großes Wort,unehrlich zu sein.
Andre Schulz [00:44:44] Ist denn die Vermittlung von Medienkompetenz heuteohne Marketing denkbar? Oder sind das zwei Seiten der gleichen Medaille?
Nele Nieuwenhuis [00:44:57] Wir arbeiten auch mit dem Schulministeriumzusammen und so weiter. Wir haben schon einen Draht in die Schulen. Und da gehtjedes Kind in Nordrheinwestfalen hin und da sollte man im besten Fall auchjedes Kind erreichen können. Und ist das dann Marketing, eine Versandaktion andie Schulen? Wahrscheinlich ist es auch schon Marketing. Ja, in diesem Sinneist es über die Schulen als Marketing zu begreifen dann für uns wahrscheinlichnoch wesentlich günstiger zu realisieren als über Social Media oder Out of HomeMaßnahmen. Ich glaube, das wird allerdings alleine nicht reichen und insofernist die Antwort vermutlich: Nein, das ist nicht denkbar ohne Marketing.
Andre Schulz [00:45:36] Also zwei Seiten der gleichen Medaille?
Nele Nieuwenhuis [00:45:41] Ja.
Andre Schulz [00:45:41] Wobei ich weiß, dass der eine oder andereMedienpädagoge das möglicherweise ein bisschen anders sehen wird. Aber das isteben genau der Kern des Diskurses, der in der Gesellschaft auch stattfindet.
Nele Nieuwenhuis [00:45:53] Das Ding ist: Wie kommen Kinder zu denMedienpädagogen oder der Medienpädagogin, die das anders sieht? Das ist diezentrale Frage. Das beste Angebot, wenn es keiner nutzt ist Unnütz. Insofern,die Vermittlung, das Hilfsangebot überhaupt erst mal zu machen, ist dann ebendie Aufgabe von Marketing und dann auch meine.
Rolf Kosakowski [00:46:18] Abschließend noch eine Frage von mir, ganz andereRichtung. Ich weiß, dass unser Podcast eben auch von sehr vielen jungenMenschen gehört wird. Also noch jünger als wir es sind gehört wird.
Nele Nieuwenhuis [00:46:32] Die auch mit ICQ groß geworden sind?
Rolf Kosakowski [00:46:33] Das weiß ich nicht. Lass das mal offen. Und dieFrage: Wie komme ich denn nun in die Medien und an die Medien, wenn ich das fürmich als Berufsfeld definiere? Du hast einen fantastischen Überblick über das,was sich in den Medien tut und wie man da hinkommt. Gib jungen Menschen dochmal einen Tipp, was sie anstellen müssen oder worauf sie vielleicht besondersachten müssen, wenn sie bei ihrer Entscheidung zur Berufsausbildung odervielleicht auch für ein Studium sich für einen bestimmten Weg entscheidensollten, der dann nicht endet, aber zumindest beginnt in den Medien.
Nele Nieuwenhuis [00:47:10] Und in den Medien meinst du vor allen Dingenredaktionell oder alles, was dazugehört?
Nele Nieuwenhuis [00:47:15] Das kann die Produktion sein, das kannredaktionell sein. Heute sagt man glaube ich eher Content Erstellung.
Nele Nieuwenhuis [00:47:24] Ja, gute Frage. Neben einer Ausbildung ist es auchimmer die Berufserfahrung, die einen irgendwie nach vorne bringt, die Kontakte,die man macht. Insofern kann ich immer nur dazu ermutigen, auch Praktika zumachen und Studijobs anzunehmen. Oder natürlich eine Ausbildung zu machen odervielleicht auch einfach erstmal eine Ausbildung zu machen. Ich glaube, die Nähezum Berufsalltag ist einfach wahnsinnig bereichernd in einer Ausbildung, wieauch immer sie dann aussieht. Und in den Medien, das ist natürlich einwahnsinnig weites Feld. Man kann mit einem BWL Studium oder einem Jurastudiumoder einem Kulturwissenschaftstudium oder einem Literaturstudium oder was auchimmer für ein Studium in den Medien landen, wenn man eines Tages den Weg dahinfindet und den richtigen Leuten begegnet. Insofern ja, ich glaube, ichwiederhole mich, aber umtriebig sein wäre mein bester Tipp.
Rolf Kosakowski [00:48:30] Danach kann nichts mehr kommen. Umtriebig sein,umtriebig bleiben. Liebe Nele, vielen, vielen lieben Dank für die Zeit, für dieAntworten für so komplexe Themen und dass du die so sympathisch und fachlichqualifiziert rüberbringst. Schön, dass du da warst.
Nele Nieuwenhuis [00:48:46] Ich habe mich sehr wohl gefühlt. Vielen Dank fürdie Einladung.
Andre Schulz [00:48:49] Es war ein tolles Gespräch. Hat viel Spaß gemacht.Vielen, vielen Dank.
Nele Nieuwenhuis [00:48:52] Danke.
Rolf Kosakowski [00:48:53] Ich hab das Gefühl, wir sehen uns wieder. So, daswar's nun leider auch schon wieder mit Family Business, dem Spezial Podcastrund um das Thema Kinder und Familien. Andre, was muss man denn tun, um nochmehr von uns zu hören?
Andre Schulz [00:49:10] Wenn's euch gefallen hat, abonniert gerne unserenKanal oder besucht uns auf unserer Website und hört euch frühere Folgen anunseres Podcast. So oder so, wir freuen uns auf das nächste Mal mit einembestimmt wieder ganz tollen Gast.