Warum klassische Zielgruppenmodelle an der Realität vorbeigehen
Viele Unternehmen investieren erhebliche Budgets in Produktentwicklung, Marketing und Vertrieb – und setzen dabei alles daran, die „richtige Zielgruppe“ zu adressieren: die Eltern. Schließlich sind es am Ende die Erwachsenen, die kaufen, buchen und bezahlen.
Doch das greift zu kurz.
Unsere Forschung zeigt: Kinder sind in vielen Fällen die wahren Mitentscheider:innen. Sie initiieren, beeinflussen, bestärken – oder stoppen Entscheidungen.
Wer das ignoriert, läuft Gefahr, an den Bedürfnissen und Wünschen der entscheidenden Nutzer:innen und Treiber:innen vorbei zu entwickeln.
Die Erkenntnis, dass Kinder über „Quengelkraft“ verfügen, ist nicht neu. Doch sie greift viel zu kurz – und unterschätzt, wie stark sich Entscheidungsprozesse in Familien heute gewandelt haben.
Es geht nicht nur um situatives Drängen. Es geht um bewusste Mitbestimmung, Partnerschaftlichkeit und echte Teilhabe.
Eltern als Käufer:innen – Kinder als Nutzer:innen und Entscheidungstreiber
Eltern kaufen nicht für sich allein. Sie kaufen für ihre Kinder. Und sie treffen ihre Entscheidungen immer öfter in einem Spannungsfeld zwischen eigenem Anspruch und dem Wunsch, den Bedürfnissen der Kinder gerecht zu werden.
Unsere Forschung belegt das mit klaren Zahlen:
- In unserer Schenkverhalten-Studie gaben 91 % der Eltern an, dass bei Geschenken für ihre Kinder die Wünsche der Kinder selbst entscheidend sind.
- Nur 7 % der Eltern entscheiden ohne Rücksprache oder Wissen der Kinder.
Diese Dynamik reicht weit über das Thema Geschenke hinaus. Besonders stark zeigt sich dieser Einfluss bei Freizeitaktivitäten, Urlaubsplanung, Spielwaren, Medien oder auch Konsumgütern des täglichen Bedarfs.
Doppelter Blick: Die Diskrepanz zwischen Eltern- und Kinderperspektive verstehen
Die Entscheidungsarchitektur in Familien ist kein einfacher One-Way-Prozess.
Deshalb reicht es nicht aus, nur die Eltern zu befragen. Wer Kinder als Hauptnutzende adressiert, muss auch ihre Stimmen hören.
Unsere eigene Forschung für das Tourismusnetzwerk Sachsen zeigt beispielsweise:
- 72 % der Eltern sagen, dass die Wünsche ihrer Kinder maßgeblich die Wahl des Ausflugsziels oder der Urlaubsdestination bestimmen.
- Gleichzeitig priorisieren Eltern vor allem:
- Sicherheit (81 %)
- Planbarkeit und Übersichtlichkeit (72 %)
- Preis-Leistungs-Verhältnis (67 %)
- Kinder hingegen wünschen sich vor allem:
- Tiere erleben (64 %)
- Abenteuer und Mitmachangebote (59 %)
- Spielen und Toben können (55 %)
Diese Diskrepanz offenbart das zentrale Problem vieler Angebote:
Sie sprechen die Eltern rational an, verpassen aber das emotionale Commitment der Kinder.
Vom „Pester Power“-Klischee zur Mitbestimmung: Der psychologische Wandel in der Eltern-Kind-Beziehung
Die Vorstellung vom „Quengeln“ an der Supermarktkasse mag aus der Konsumforschung der 90er-Jahre stammen. Die Realität in vielen Familien von heute sieht anders aus.
Eltern – vor allem der Generationen Y und Z – verstehen sich zunehmend als Begleiter:innen, nicht als reine Autoritäten.
Erziehungsstile haben sich vom „bestimmen“ zum „gemeinsam entscheiden“ verschoben. Dabei geht es nicht um Schwäche, sondern um ein bewusstes Beziehungsangebot.
Zentraler Motor dieses Wandels sind die Wertevorstellungen der Eltern.
Die meisten Eltern handeln nicht impulsiv oder aus Bequemlichkeit, sondern auf Basis eines klaren Werterahmens, in dem Aspekte wie Respekt, Partizipation, Bedürfnisorientierung und emotionale Bindung eine wichtige Rolle spielen.
Die Wünsche der Kinder fordern diese Wertevorstellungen immer wieder heraus – und stellen sie auf die Probe:
- Wo lasse ich mein Kind mitentscheiden?
- Wann sage ich Nein – und warum?
- Wie viel Autonomie gebe ich, ohne Verantwortung abzugeben?
Gerade in Konsumentscheidungen zeigt sich dieser Wertekonflikt oft besonders deutlich:
Eltern wägen ab zwischen pädagogischem Anspruch und dem Wunsch, dem Kind Freude zu bereiten.
Dieses Abwägen ist keine Nachgiebigkeit, sondern Ausdruck eines modernen, reflektierten Familienverständnisses.
Die Bedürfnisse der Kinder und die Werte der Eltern sind keine Gegensätze – aber sie stehen in ständiger Wechselwirkung. Und genau diese Dynamik ist entscheidend für die Frage, welche Angebote tatsächlich gewählt werden.
Warum Bauchgefühl nicht reicht – und viele Angebote an der Zielgruppe vorbeigehen
Allzu oft verlassen sich Unternehmen auf interne Einschätzungen, Markttrends oder gesellschaftliche Debatten:
- „Nachhaltigkeit ist das wichtigste Entscheidungskriterium.“
- „Kinder sind digital – Hauptsache App.“
- „Eltern wollen vor allem Entlastung.“
Unsere Forschung zeigt:
Die Realität ist komplexer. Die Wünsche der Kinder und die Anforderungen der Eltern unterscheiden sich – und das muss in der Angebotsgestaltung berücksichtigt werden.
Beispiel aus der Tourismusforschung:
Nachhaltigkeit spielt eine Rolle, aber wenn es um die konkrete Buchung geht, stehen für die Eltern erst Preis, dann kindgerechte Freizeitangebote, dann Verpflegung und Ausstattung im Vordergrund. Nachhaltigkeit folgt erst deutlich später.
Unsere Forschung: Zwei Perspektiven, ein Ziel
Mit über 35.000 befragten Familien in Deutschland verfügen wir über das größte spezialisierte Familienpanel am deutschen Markt.
Unser Ansatz:
- Wir befragen Eltern UND Kinder – und legen so offen, wo Erwartungen übereinstimmen und wo sie auseinanderlaufen.
- Wir liefern keine bloße Datensammlung, sondern fundierte Erkenntnisse mit klaren strategischen Empfehlungen – für Ihre Produktentwicklung, Angebotsgestaltung und Kommunikation.
Fazit: Wer die Bedürfnisse der Eltern kennt, spricht die Käufer:innen an. Wer die Wünsche der Kinder kennt, gewinnt den Entscheidungsprozess. Wer beide kennt, gewinnt den Markt.
Sie möchten wissen, wie Ihre Zielgruppe wirklich denkt und entscheidet?
Sprechen Sie uns an – wir entwickeln gemeinsam mit Ihnen die passenden Fragestellungen für Ihre Marke.